BFH: Einkommensteuer | § 34 EStG bei Überstundenvergütungen
Werden Überstundenvergütungen für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet, ist die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 2. Halbsatz EStG zu gewähren (BFH, Urteil v. 2.12.2021 - VI R 23/19; veröffentlicht am 24.3.2022).
Hintergrund: Mit steigendem Einkommen erhöht sich die Einkommensteuer progressiv. Werden Vergütungen für eine mehrjährige Tätigkeit nicht laufend, sondern in einer Summe ausgezahlt, führt der Progressionseffekt zu einer vom Gesetzgeber nicht gewollten Steuer(mehr)belastung. Um die progressive Wirkung des Einkommensteuertarifs bei dem zusammengeballten Zufluss von Lohnnachzahlungen zu mildern, sieht das Gesetz die Besteuerung dieser Nachzahlungen mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Voraussetzung ist allerdings, dass die Nachzahlung sich auf die Vergütung für eine Tätigkeit bezieht, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
Sachverhalt: Die Beteiligten streiten über die Gewährung der Tarifermäßigung nach § 34 EStG für die Vergütung von Überstunden. Der Kläger hatte über einen Zeitraum von drei Jahren in erheblichem Umfang Überstunden geleistet. Erst im vierten Jahr wurden dem Kläger die Überstunden in einer Summe vergütet. Das Finanzamt unterwarf die Überstundenvergütung dem normalen Einkommensteuertarif.
Das FA gewährte die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG auch im Einspruchsverfahren nicht. Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt (FG Münster, Urteil v. 23.5.2019 - 3 K 1007/18 E).
Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen:
- Das FG hat zu Recht entschieden, dass die im Streitjahr ausgezahlten Überstundenvergütungen nach § 34 EStG ermäßigt zu besteuern sind.
- Die Tarifermäßigung findet nicht nur auf die Nachzahlung von Festlohnbestandteilen, sondern auch auf Nachzahlungen von variablen Lohnbestandteilen – hier in Form der Überstundenvergütungen – Anwendung.
- Hier wie dort ist allein entscheidend, ob die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet worden ist.
Stand: 24.3.2022
Quelle: BFH, Pressemitteilung Nr. 12/2022; BFH, Urteil v. 2.12.2021 - VI R 23/19; NWB Datenbank (RD)