Erwerbsmigration: Bundestag beschließt Gesetz zur Weiterentwicklung der Fachkräfteeinwanderung
Folgende Anpassungen wurden vorgenommen:
- Weitere Senkung der Einkommensschwelle bei der Blauen Karte EU
Zum Erhalt der Blauen Karte wurde die Einkommensschwelle auf 50 Prozent (43.800 €) statt wie geplant 56,6 Prozent (49.580 €) der Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung gesenkt.
- Chancenkarte:
Die Chancenkarte kann um bis zu zwei Jahre verlängert werden, wenn ein Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot vorliegen und die Voraussetzungen für die Erteilung einer anderen Aufenthalts-erlaubnis zum Zweck der Erwerbstätigkeit noch nicht erfüllt sind, z. B. die Anforderungen für Sprachkenntnisse. Die Qualifikation in einem Engpassberuf wird zu bepunktendes Kriterium für die Chancenkarte, und die Mindestvoraussetzung an Deutschkenntnissen wird auf A1 gesenkt.
- Ausweitung der sog. Westbalkanregelung:
Der Zugang zum Arbeitsmarkt ohne Qualifikation nach der sog. West-balkanregelung kann Bestandteil der zu verhandelnden Migrationsabkommen der Bundesregierung mit anderen Herkunftsstaaten werden (Inhalt des Entschließungsantrages).
- Anerkennung von Berufsqualifikationen:
Formelle Bildungs- und Ausbildungsverfahren der Außenhandelskammern werden anerkannt. Der Nachweis über die Voraussetzungen ist über eine Bestätigung durch das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) zu erbringen.
- Spurwechsel aus dem Asylverfahren und Umwandlung der Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaubnis:
Fachkräfte, die noch im Asylverfahren oder im Besitz einer Duldung nach § 60a AufenthG sind, können in eine Aufenthaltserlaubnis wechseln, wenn sie sich bereits zum Stichtag 29. März 2023 in Deutschland befinden. Dies gilt allerdings nur für Titel nach §§ 18a, 18b und 19c Abs. 2 AufenthG. Zudem wird die Ausbildungsduldung in eine Aufenthaltserlaub-nis umgewandelt. Wird das Ausbildungsverhältnis vorzeitig beendet oder abgebrochen, wird einmalig um sechs Monate die Möglichkeit zur Suche nach einem weiteren Ausbildungsplatz zur Aufnahme einer Berufsausbil-dung gewährt. Die Bildungseinrichtung ist verpflichtet, dies unverzüglich, in der Regel innerhalb von zwei Wochen, der zuständigen Ausländer-behörde schriftlich oder elektronisch mitzuteilen. § 104 Abs. 15 AufenthG-E regelt die Gleichstellung von Ausländern, die bereits im Besitz einer Ausbildungsduldung sind bzw. diese bis zum Inkrafttreten des Gesetzes erhalten, mit denjenigen, die nach Inkrafttreten eine Aufenthaltserlaubnis dieser Art erhalten.
- Zweckwechsel für Fachkrafttitel:
Der Grundsatz, dass eine Aufenthaltserlaubnis in der Regel nur erteilt werden kann, wenn die Einreise mit dem richtigen Visum erfolgt ist, bleibt bestehen. In engen Grenzen jedoch soll künftig der Wechsel aus Schengen-Visa in einen Fachkräftetitel in Deutschland möglich sein, ohne dass vorher eine Ausreise und ein Visumantrag aus dem Ausland gestellt werden muss. §§ 18a und 18b AufenthG werden hierfür zu Anspruchs-titeln umgewandelt und § 5 Abs. 2 und 3 AufenthG angepasst.
- Verlängerung der Aufenthaltsgenehmigung zur Arbeitsplatzsuche:
Diese kann einmalig um bis zu sechs Monate verlängert werden, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist.
- Erleichterung Familiennachzug für Fachkräfte:
Künftig muss kein ausreichender Wohnraum nachgewiesen werden für den Familiennachzug. Ist der eigene Lebensunterhalt gesichert, können nun auch die Eltern nachziehen.
- Beschleunigtes Fachkräfteverfahren:
Es wird in § 81a Abs. 1 AufenthG klargestellt, dass Arbeitgeber zur Durchführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens auch Dritte bevollmächtigen können.
- Aufenthaltserlaubnis für Gründer:
§ 21 Abs. 2b AufenthG-E schafft eine neue Aufenthaltserlaubnis für Gründerstipendiaten.
- Zentrale Servicestelle für Anerkennung (ZSBA):
Die ursprünglich lediglich bis 31. Dezember 2023 als Modellvorhaben vorgesehene ZSBA bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) wird in § 421b SGB III um drei Jahre bis 31. Dezember 2026 verlängert.
- Protokollerklärung zum Thema Verwaltungsverfahren:
Auf S. 31 f. der Beschlussempfehlung erklären die Koalitionsfraktionen zu Art. 2 (Inkrafttreten) zu Protokoll, dass die Bundesregierung aufgefordert wird, im Rahmen einer externen Machbarkeitsstudie zu prüfen, inwieweit durch Zentralisierung der Verfahren der Erwerbsmigration bei der BA, dem Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, anderen Behörden oder einer neuen Behörde eine Effizienzsteigerung erreicht werden kann. Die Machbarkeitsstudie soll auch die Schaffung einer digitalen Einwanderungsagentur umfassen und ist im Jahr 2024 vorzu-legen. Die Fraktion der SPD erklärt zudem, dass sie die Erwartung habe, dass die erforderlichen Visa-Verfahren zu beschleunigen seien. Auch die Fraktion der FDP weist auf die Wichtigkeit der besseren Umsetzung hin.