Steuererklärungsfristen müssen neu besprochen werden!
Der Steuerberaterverband hat eine Initiative gestartet, die Verlängerung der Steuererklärungsfristen langsamer als zunächst geplant zurückzufahren und dem Thüringer Finanzministerium die Gründe dargelegt.
Steuerberaterinnen und Steuerberater haben in den letzten Jahren enorme Zusatzbelastungen zugewiesen bekommen. Sie haben sich in den zurückliegenden Krisen immer zuverlässig gezeigt und die Mehrbelastungen übernommen. Mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz, das der Bundestag in 2./3. Lesung am 19.05.2022 beschlossen hat, wurde ein Fristenkonzept der Ampel-Koalitionen umgesetzt, welches den Mehrbelastungen des Berufsstands Rechnung tragen sollte und die Abgabefristen für die Steuererklärungen verlängert hat. Das Fristenkonzept berücksichtigte dabei die prognostizierten Zusatzbelastungen, die mit der Antragstellung und der Abrechnung der Corona-Hilfen und der Einreichung der unzähligen Grundsteuererklärungen voraussichtlich einhergehen würden. Weitere Mehrbelastungen ergaben sich aufgrund der vermehrten Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld sowie der Einreichung von Anträgen auf Herabsetzung von Steuer-Vorauszahlungen und Stundungen während der Corona-Pandemie.
Aus unserer Sicht war das von den damaligen Ampel-Fraktionen beschlossene Fristenkonzept gut. Jedoch ist aus heutiger Perspektive festzustellen, dass viele Entwicklungen seinerzeit nicht berücksichtigt werden konnten. Denn nach Umsetzung des Konzeptes sind viele weitere, nicht vorhersehbare Zusatzbelastungen für den Berufsstand eingetreten. Ebenso zeigten sich einige der damals eingeflossenen Mehrbelastungen in einem deutlich größeren Umfang als seinerzeit angenommen.
Nach Beschluss des Fristenkonzeptes sind vom Gesetzgeber folgende Zusatzbelastungen durch die Änderung der steuerrechtlichen Vorgaben beschlossen worden, die den Berufsstand unmittelbar betroffen haben (Aufzählung nicht abschließend):
- Abrechnung und Beratung im Zusammenhang mit der Energiepreispauschale
- Abrechnung und Beratung zum Corona-Pflegebonus in Höhe von 4.500 Euro
- Abrechnung und Beratung zur Corona-Sonderzahlung in Höhe von 3.000 Euro
- Abrechnung und Beratung der Inflationsausgleichsprämie
- Beratung zu umfassenden steuerlichen Neuregelungen beim Betrieb kleiner PV-Anlagen
- Beratung im Zusammenhang mit Nachhaltigkeitsberichten (ESG-Kriterien)
- Beratungen zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz
- Beratung zu Investitionsentscheidungen aufgrund der Wiederbelebung der degressiven Abschreibung
- Beratung zur Einführung der verpflichtenden E-Rechnung im B2B-Geschäftsverkehr ab 1.1.2025
- Prüfung unzähliger geänderter Zinsbescheide infolge der Absenkung des Zinssatzes von 6 % auf 1,8 % (aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts) sowie Beratung und Führung von Einspruchsverfahren.
Darüber hinaus wurden auf den Berufsstand auch aus außersteuerlichen Normen weitere Zusatzbelastungen übertragen:
- Zusätzliche Anforderungen nach dem Geldwäschegesetz sowie der Registrierung im elektronischen Meldeportal
- Einrichtung von Meldestellen durch das Whistleblower-Gesetz
- Neuerungen im Transparenzregister.
Zudem ziehen die bereits im Fristenkonzept berücksichtigten Zusatzbelastungen deutlich umfangreichere Arbeitsbelastungen nach sich als ursprünglich angenommen. So haben sich insbesondere die Corona-Schlussabrechnungen als deutlich arbeitsintensiver herausgestellt. Aus diesem Grunde verlängerten die Wirtschaftsminister von Bund und Ländern die Frist zur Einreichung mehrfach, letztmals bis 15.10.2024. Darüber hinaus ist zu beobachten, dass die Bearbeitung der Corona-Schlussabrechnungen durch die Bewilligungsstellen, in Freistaat Thüringen die Thüringer Aufbaubank, zu einem enormen zusätzlichen Aufwand führt. So stellen die Bewilligungsstellen im Rahmen der Bearbeitung der Schlussabrechnungen vielfach unzählige und kleinteilige Nachfragen. Bei entsprechender Fortführung dieser Praxis werden die Zusatzaufgaben aus den Corona-Schlussabrechnungen sehr wahrscheinlich noch bis in das Jahr 2027 hinein andauern. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei dem Thema Grundsteuer ab. Auch hier wird die Prüfung der ab Ende 2024 und in 2025 ergehenden Bescheide und die Einlegung etwaiger Rechtsbehelfe noch über nicht absehbare Zeit eine deutliche Mehrbelastung nach sich ziehen.
Diese Vielzahl an zusätzlichen Aufgaben haben dazu geführt, dass die im Rahmen des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes beschlossenen Fristverlängerungen bedauerlicherweise nicht ausreichend sind. Schon unter normalen Umständen ist ein Bearbeitungszeitraum von zwölf Monaten gerechnet vom Ende der Abgabefrist des vorangehenden Veranlagungszeitraums für die jährlichen Steuererklärungen der Mandanten in den Steuerkanzleien gerade so ausreichend. Dieses Intervall ist für den Veranlagungszeitraum 2022 durch den Fristenplan auf elf Monate verkürzt worden, um das Fristende mittelfristig auf Ende Februar zurückzuführen. Für den Veranlagungszeitraum 2023 beträgt das verkürzte Intervall ausgehend vom Ende der Abgabefrist für den Veranlagungszeitraum 2022 sogar nur zehn Monate.
Um eine ausreichende Bearbeitungszeit für die Erstellung der Steuererklärungen aber auch die umfassende Beratung gewichtiger neuer gesetzlicher Anforderungen zu ermöglichen, sollten die Fristen erneut an die tatsächliche Zusatzbelastung des Berufsstandes angepasst werden.
Darüber hinaus mildert eine Anpassung der Abgabefristen auch den Veranlagungsdruck auf Seiten der Finanzämter. Nach der Stellungnahme des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2024 ist bereits jetzt ein spürbarer Veranlagungsdruck durch die Rückführung der Steuererklärungsfristen vorhanden (BR.-Drs. 369/24(B), S. 51). Ein ähnliches Bild zeichnet sich nach den bislang durchgeführten Klimagesprächen, die der Steuerberaterverband Thüringen mit den Thüringer Finanzämtern in der jüngsten Zeit durchgeführt hat.
Wenn die Fristen durch die Kanzleien aufgrund der Mehrbelastungen nicht eingehalten werden können, ist davon auszugehen, dass Steuerberaterinnen und Steuerberater, um ihre Mandanten vor finanziellen Nachteilen zu schützen, individuelle Billigkeitslösungen, wie individuelle Anträge auf Fristverlängerungen oder auf Erlass von Verspätungszuschlägen, beantragen werden. Diese müssten durch die Finanzämter bearbeitet werden und würden den Veranlagungsdruck auf Seiten der Finanzbehörden zusätzlich erhöhen. Auch zur Entlastung der Finanzämter erscheint eine Anpassung des beschlossenen Fristenplans daher zielführend.
Angeregt wurde, in Abstimmung des BMF mit den Ländern die Frist zur Abgabe der Steuererklärungen für den Veranlagungszeitraum 2023 auf zwölf Monate, gerechnet vom Ende der Abgabefrist für den Veranlagungszeitraum 2022, auszudehnen. Für die folgenden Veranlagungszeiträume sollte der Bearbeitungszeitraum mindestens elf Monate betragen und sich die Abgabefristen wie nachfolgend dargestellt verlängern:
Veranlagungszeitraum | Abgabefrist für beratene Steuerpflichtige |
2023 | 31.07.2025 |
2024 | 30.06.2026 |
2025 | 31.05.2027 |
2026 | 30.04.2028 |
2027 | 31.03.2029 |